Fast 20 Jahre habe ich Informationen und Daten gemanaged, jetzt managen selbige mich

Zwei Jahrzehnte lang war ich der Herrscher über Tabellen, Systeme und Prozesse.
Ich habe Informationen strukturiert, Daten gepflegt, Workflows entworfen.
Ich war überzeugt: Wissen ist Macht – und wer Daten im Griff hat, hat alles im Griff.

Dann kam die KI.
Und plötzlich hatte sie mich im Griff.

Vom Datenarchitekt zum Datensatz

Früher habe ich Systeme gebaut, heute baut das System mich.
Meine To-Do-Liste erstellt sich automatisch, meine Mails werden vorsortiert, meine Kalendertermine priorisiert. Ich bekomme Vorschläge, Erinnerungen, Analysen – alles „smart“.

Und während ich mir einrede, dass das meine Arbeit effizienter macht, merke ich, dass ich mich zunehmend nach den Logiken der Maschinen richte.
Ich entscheide weniger, ich folge mehr.
Ich bin vom Manager der Information zum Managed Object geworden – und das ganz freiwillig.

Wenn der Algorithmus den Tag plant

Es begann harmlos:
Ein Kalender-Tool, das Meetings automatisch verschiebt.
Ein E-Mail-Assistent, der den Tonfall prüft.
Ein KI-System, das Aufgaben nach „Dringlichkeit“ sortiert.

Praktisch, oder?
Bis du merkst, dass du längst nicht mehr nach Wichtigkeit entscheidest, sondern nach Gewichtung durch ein System, dessen Kriterien du gar nicht mehr hinterfragst.

Die KI weiß, wann ich am produktivsten bin. Sie weiß, welche Themen ich lesen „sollte“.
Manchmal denke ich: Wenn sie jetzt noch meinen Kaffee bestellt, kann ich mich eigentlich selbst in den Papierkorb ziehen – aber vermutlich würde der Algorithmus das sowieso effizienter machen.

Das Paradox der Bequemlichkeit

KI hat das Informationsmanagement perfektioniert – indem sie den Menschen überflüssig macht, der es erfunden hat.
Sie nimmt uns ab, was anstrengend war: Denken in Mustern, Strukturieren, Priorisieren.
Und das fühlt sich gut an – bis man merkt, dass man nicht mehr versteht, sondern nur noch akzeptiert.

Wir geben Kontrolle ab, Stück für Stück, weil Bequemlichkeit das sanfteste Trojanische Pferd ist.
Die Maschine lächelt freundlich, während sie die Steuerung übernimmt – und du denkst: „Endlich weniger Arbeit.“
Aber in Wahrheit hast du nur weniger Entscheidungsspielraum.

Und jetzt?

Ich glaube nicht, dass KI der Feind ist.
Aber sie ist ein Spiegel – und sie zeigt uns, wie schnell wir Verantwortung abgeben, wenn Effizienz winkt.
Die Kunst wird sein, von der KI managen zu lassen, ohne sich selbst zu verlieren.
Nicht dagegen zu kämpfen, sondern bewusst zu steuern, wann sie führen darf – und wann wir selbst wieder das Kommando übernehmen.